Marie Claire - BESUCH BEI DEN MOND-MENSCHEN

Es gibt für alles den richtigen Zeitpunkt im Leben - und den bestimmt der Mond, behaupten zumindest Johanna Paungger und Thomas Poppe. Ihre Bücher sind Mega-Seller. Sabine Hoffmann nahm Kurs auf die kosmische Bahn der beiden Mondmenschen.

Die Black-Box, ein wirklich cool designter Veranstaltungsraum in Münchens ultramodernem Kulturzentrum Gasteig. An diesem Abend lauschen schick gestylte Großstadtmenschen – zu erkennen an Pradatäschchen und Kaschmirtwinsets – dem Vortrag einer Tiroler Bauerntochter, die erzählt, dass man bei abnehmendem Mond Marmelade einkochen sollte und am besten zum Friseur geht, wenn der Mond im Löwen steht. Unter den Zuhörern ist auch ein Verlagschef im dunklen Zweireiher. Der Herr möchte endlich herausfinden, warum jenes zierliche Persönchen seit Jahren Vortragssäle füllt wie Peter Maffay die Konzerthallen.

Woran liegt es, dass sich ihre Ratgeber besser verkaufen als die "Fünf Tibeter" und Carnegies "Sorge dich nicht" zusammen? Immerhin haben Johanna Paungger und ihr Koautor Thomas Poppe nicht nur zwei weitere populäre "Make-believe-Bücher" geschrieben (die den Leser glauben lassen, sie erleichterten ihm das Leben), sondern haben obendrein einen Boom entfacht. Es gibt Mondkochbücher, Mondkalender, Mondhoroskope, und inmitten der ständig wachsenden Zahl von "Konkurrenzprodukten" liegen die Originale, die Echten, die von Johanna Paungger und Thomas Poppe: "Vom richtigen Zeitpunkt" und "Aus eigener Kraft". Ihre Mond-Megaseller haben inzwischen eine Gesamtauflage von rund 1,6 Millionen und wurden in acht Sprachen übersetzt. Täglich rattern Anfragen zu Vorträgen durch das Faxgerät, und wenn sie denn wollten, säßen sie heute bei Schreinemakers und morgen bei Jürgen Fliege.

Es ist also verständlich, dass der nüchterne Verlagsstratege in der Black Box ob dieses Booms zwar glücklich, aber doch ein bisschen irritiert ist. Worin, fragt er sich nicht nur an diesem Abend, besteht das Geheimnis der beiden Mondmenschen?

Zum einen liegt es sicher an der Protagonistin Johanna Paungger und ihrer ungewöhnlichen Kombination aus Schüchternheit und Ehrgeiz. Bereits mir 15 Jahren wollte sie fort aus dem 3000-Seelen-Dorf Walchsee in Österreich, weg von der Familie und ihren neun Geschwistern, raus in die weite Welt, die nur 95 Kilometer entfernt lag. In einem Schuhgeschäft auf der Kaufinger Straße in München machte "s‘ Dirndl" eine Lehre und lernte wenig später beim Tanzen ihren zukünftigen Mann, einen Schriftsetzer, kennen. Dann kamen die Buben Florian und Andreas. Ihre Ehe, sagt Johanna Paungger, sei vom ersten Tag an denkbar schlecht gewesen. Warum trotzdem fast 20 Jahre vergingen, bis sie sich von ihrem Mann trennte, lässt sich möglicherweise mit ihrer ländlichen, strengen katholischen Herkunft erklären. "Meine Gefühle wechselten zwischen Scham, Angst und Hoffnung", sagt sie, "und da vergeht viel Zeit."

In dieser Zeit engagierte sie sich sozial, verbrachte viele Stunden beim katholischen Frauenbund, wo sie auch ihren allerersten Vortrag über den Einfluss des Mondes auf unser Leben hielt. Das Wissen darüber stammte vom Großvater, den sie als kleines Mädchen beobachtete, wie er sich bei seinen Tätigkeiten sorgfältig an die Mondrhythmen hielt. Sie begriff schnell, welches Holz man für einen Zaun verwenden sollte, damit er nicht zu faulen beginne, und wann man Kräuter sammeln muss, damit diese auch wirken.

Inzwischen war auch hierzulande das Bedürfnis gewachsen, sich mit den Kräften der Natur auseinanderzusetzen, sie zu nutzen und – zumindest ein bisschen – wieder so zu leben wie die Vorfahren. Nicht nur die Landwirte zwischen Rosenheim und München wurden mondsüchtig. Auch die Großstadt-Singles feierten in Volkshochschulkursen "Frau Luna", deren Vorträge sich zu einem Geheimtip entwickelten. "Wenn’s für mich nur einen Schriftsteller hätte", klagte die Vortragsreisende damals, "der meine Bauernregeln niederschreiben könnt’."

Und dann lernte sie Thomas Poppe kennen, verheiratet, zwei Kinder, ein bis dahin erfolgloser Autor, der Taxi fuhr, Teppiche verkaufte und manchmal eben auch Sachbücher schrieb. Wie zum Beispiel "Weisheiten der Sufis, ausgewählt für Menschen, die nicht nur suchen, sondern auch finden wollen".

Endlich. Die Mond-Pionierin hatte "ihren Schriftsteller" gefunden. Es entwickelte sich eine perfekte Arbeitsbeziehung: "Er schreibt, wie ich denke, und er denkt, wie ich rede." Und er? "Ich war sofort fasziniert von der Hanni." Die Frau ist zupackend, ehrlich und bodenständig, das, was man ganz altmodisch als patent bezeichnen würde. Ihre Mondtheorien haben nichts Missionarisches. Die Ratschläge sind unaufdringlich und ohne esoterischen Firlefanz. Immer wieder betont sie, dass es sich um kein Allheilmittel handle, dass die Wirkung nicht überbewertet werden solle – und erscheint dadurch um so glaubwürdiger. "Ich schau‘ doch selbst nicht jeden Tag in den Mondkalender. Aber wenn ich die Wahl hab‘, an dem einen oder dem anderen Tag zum Zahnarzt zu gehen, dann nehm‘ ich natürlich nicht ausgerechnet einen Stiertag – wo wir am schmerzempfindlichsten sind. Oder warum denn nicht bei abnehmenden Mond die Wäsche waschen, wenn man zu diesem Zeitpunkt weniger Pulver verbraucht?"

Sie selbst und ihre Mond-Mission wurden immer populärer, was ihr Ehemann nicht weiter ernst nahm. Und dann geschah die Verknüpfung zweier elementarer Ereignisse in ihrem Leben: In derselben Woche, in der "Vom richtigen Zeitpunkt" erschien, kam der Befund, dass ihr 15jähriger Sohn Florian Leukämie hatte. Florian war ein Jahr später tot, das Buch inzwischen auf der Bestsellerliste. Johanna Paungger ließ sich scheiden – "weil schlimmer kann’s auch ohne Mann nimmer werden" – und zog wieder nach Tirol.

Zur gleiche Zeit wollte auch Thomas Poppe dem chronischen Trennungs-und-Versöhnungs-Hickhack mit seiner Ehefrau entfliehen. Es ist also gar nicht so unverständlich, wenn – scheinbar plötzlich – aus einer jahrelang gut funktionierenden Arbeits- eine Liebesbeziehung entsteht. Vielleicht hatten sich ja Mond und Venus zusammengetan. "Der Tom", erzählt die Zweiundvierzigjährige, sei für sie lange Zeit eigentlich geschlechtslos gewesen. "Wissen Sie, in Tirol lernt man, was Zusammenhalt und Vertrauen bedeuten. Aber was Liebe ist, das lernt man dort nicht." Dennoch haben sie es "geschafft", aus der geschwisterlichen Zuneigung eine erotische Spannung zu entwickeln. Vielleicht war es ja ein bisschen so, wie es Paartherapeuten predigen, die meinen, erst sollte man sich kennen, dann lieben. Und nicht umgekehrt.

Das Happy-End. Der intellektuelle Stadtmensch und die bodenständige Bauerntochter heirateten. Inzwischen übt ihre gemeinsame Tochter Daniela die ersten Schritte. Die Buchtantiemen fließen, und das, obwohl das Mond-Duo alles andere als ein ausgebufftes Medienpaar ist. Ob sie der geschäftliche Erfolg verändert hat? Nein, sagt Johanna Paungger ganz sachlich, wer mit wenig Geld auskomme, komme auch mit viel zurecht. Statt in ihrem unauffälligen Häuschen talmihaften Neureichtum zur Schau zu stellen, greifen sie lieber der Verwandtschaft in der Steiermark finanziell unter die Arme. In Brannenburg, südlich von Rosenheim, hat das Paar unlängst einen Verkaufladen eröffnet für Produkte, die "zum richtigen Zeitpunkt" hergestellt oder geerntet wurden. Beispielsweise Schafwolle, die bei abnehmenden Mond gewaschen (und dabei gleichzeitig entgiftet) wurde.

"Auch Walchsee könnten wir ohne Probleme zu einem Wallfahrtsort machen", betont Thomas Poppe. Hier, in der Heimatgemeinde seiner Frau, begegnet man beiden mit einer Mischung aus Unsicherheit, Neid und Nationalstolz. Was verständlich ist, wenn man in den Zeitungen liest, dass die Tochter vom Koller-Bauern auf der Liste der wichtigsten Persönlichkeiten in Österreich Platz vier einnimmt.

Dabei liegt die "Hanni" mit ihren rustikalen Landsleuten im Clinch, und dass sie jetzt ausgerechnet wieder in Tirol gelandet ist, findet sie überhaupt nicht gut. "Wo ein Viech mehr wert ist als eine Frau, möchte‘ ich nicht leben." In der Nähe von Wien will sich die Patchwork-Familie ein Haus bauen, auf biologisch-natürliche Weise.

Aber bevor es soweit ist, soll im Herbst ihr drittes Buch erscheinen. Über den Inhalt wird absolutes Stillschweigen gewahrt. Nur soviel: Mit dem Mond hat es rein gar nichts zu tun. Der Verlag wird auch diesmal auf großangelegte Werbeaktionen verzichten. Die Bücher von Paungger/Poppe verkaufen sich von selbst.

(Sabine Hoffmann)

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