Salzburger Fenster - DIE ALTEN MONDREGELN, DERZEIT GROß IN MODE, SIND NICHT UMSTRITTEN: MYTHOS MOND

Hebammen behaupten, bei Vollmond gäbe es mehr Geburten, Friseure propagieren gewisse ideale Haarscheidetage, und auch Landwirte schwören auf den alten Mondkalender. Echte Beweise, daß er auch stimmt, sind allerdings höchst rar.

Mit einer derartigen Nachfrage hat nicht einmal der Verlag gerechnet. Fast 200.000 Mal hat er das Buch „Vom richtigen Zeitpunkt“ bereits drucken lassen, und es reicht immer noch bei weitem nicht. Der Bestseller behandelt, so auch der Untertitel, „Die Anwendung des Mond-kalenders im täglichen Leben“, wie sie die Tiroler Bergbauerntochter Johanna Paungger von ihrem Großvater überliefert bekommen hat.
Die österreichische Seele scheint für die Mondregeln besonders empfänglich zu sein. Wie ein Sprecher des Münchner Hugendubels-Verlags, wo der Bestseller vor zweieinhalb Jahren herausgekommen ist, erklärt, gehe der Ratgeber vor allem hierzulande weg wie die warmen Semmeln. „Die Deutschen und Schweizer sind für das ganze viel weniger empfänglich“, lau-tet seine Erfahrung.
Der Mondboom, der in Österreich damit ausgelöst wurde, ist beachtlich. Wo man hinkommt, steht nicht nur die lilafarbene Fibel im Regal, sondern gilt ihr Inhalt auch als Thema. Ebenso beschäftigen sich Fernseh-Talkshows und ganze Radiosendungen neuerdings damit. Wer mag, bekommt auch eigene Mondseminare angeboten. Günther Sator, ein 33-jähriger Eso-terikberater aus Mondsee (nomen est omen), hat sich rechtzeitig darauf spezialisiert. Für heuer ist er damit ausgebucht. „Sogar Universitätsprofessoren interessieren sich“, lacht der Guru.
Nicht zuletzt haben einzelne Friseure reagiert. Im Salon Ring an der Nonntaler Hauptstraße in Salzburg werden insbesondere Frauen mit empfindlichem Haar gezielt darauf hingewie-sen, an bestimmten „Haarschneidetagen“ laut Mondkalender zu kommen. Sowas spricht sich herum. Wie eine Mitarbeiterin des kleinen Friseurgeschäfts betont, habe man durch die spezielle Beratung zahlreiche Kundinnen dazugewonnen.
Der Grazer Nobelcoiffeur Walter Hirth - gleichsam der Sturmayr von dort - hält seit einem Jahr bei Vollmond überhaupt rund um die Uhr seine drei Salons offen. Er muß dafür eigens um eine behördliche Nachtarbeitsausnahme ansuchen, doch der Erfolg gibt ihm recht: Gleich beim ersten Mal war Hirth in den ORF-“Seitenblicken“, und seither rennt seiner Aus-sage nach in den langen Nächten „das Geschäft des Monats“. Selbst aus Wien, so der Trendsetfigaro stolz, kämen Leute eigens zu ihm nach Graz angereist, und das ohne Inserat oder andere teure Werbung.

„Purer Aberglaube“

Wissenschaftler sind skeptisch. In ihren Augen ist der Mond mehr Mythos denn Gegenstand ernsthafter Befassung. „Da ist halt sehr viel Folklore und Zeitgeist dabei“, meint etwa der Psychologe und Physiker DDr. Alexander Keul von der Universität Salzburg. Sein Spezial-gebiet sind Gewitterblitze. Mit den Kräften des Mondes hat er es dabei aber noch nicht zu tun bekommen. Wissenschaftler Keul: „Als erdnächster Planet hat der Mond zweifellos bio-logische Einflüsse. Fachzeitschriften, speziell im Amerika, diskutieren dies auch gelegent-lich. Konkrete Resultate sind mir aber nicht präsent.“
Wetterkundler sagen dasselbe. Dr. Hans Mohnl, Biowetterexperte an der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik auf der hohen Warte in Wien, will von einem Wettereinfluß des Mondes - etwa Lostage - wenig wissen. „Das ist purer Aberglaube“, behauptet er. „Alles, was wir nachweisen können, ist ein geringer Einfluß des Mondes auf den Luftdruck, da das Licht in der Nacht die Atmosphäre etwas erwärmt.“ Aber daß sich das Wetter bei Vollmond regelmäßig ändern oder an Lostagen meist gleich sein soll, bestreitet der Klimatologe ent-schieden, „auch wenn es überall behauptet wird“.

Nicht mehr Geburten

Ähnliches gilt für die weitverbreitete Auffassung, der Vollmond lasse die Zahl der Geburten, Unfälle sowie Verbrechen in die Höhe schnellen. Auch dafür fand das SF keinerlei Beweis. Polizeipressesprecher Dr. Fritz Klausberger stellt hier einen Zusammenhang strikt in Abrede: „Auf die Idee sind wir wirklich noch nicht gekommen. Da ist hundertprozentig nichts dran.“ Eine eigene Unfall- und Verbrechensstatistik nach Mondkalender gibt es nicht. Auch im Un-fallkrankenhaus hat man noch keinen Vergleich angestellt. „Gefühlsmäßig“, meinen Mitarbei-ter dort, könnte es an Vollmondtagen schon mehr Einlieferungen geben.
Recherchen auf der Geburtenstation des Landeskrankenhauses lieferten überhaupt den glatten Gegenbeweis. Assistenzarzt Dr. Karl-Heinz Schaffer half dabei. Er legte die 2500 Aufnahmen zur Entbindung aus dem gesamten Vorjahr per Computer genau auf den Mond-rhythmus um. Ergebnis: lediglich für den zweiten Tag nach Vollmond läßt sich eine gewisse Spitze belegen. Nur einen Tag später herrschte dagegen durchschnittliche Flaute.
Dasselbe Wechselspiel trifft auch auf die übrigen Mondphasen zu: Auch hier war der An-drang auf die Geburtenstation von Tag zu Tag ziemlich uneinheitlich. „Nach dem Mondka-lender zu gehen, bringt offensichtlich nichts“, konstatiert Gynäkologe Schaffer trocken. (Die eigentlichen Geburtentermine wurden für die Untersuchung erst gar nicht heran gezogen, da sich durch Kaiserschnitt, Einleitungen und dergleichen medizinische Maßnahmen vielfach künstlich verschoben sind.)

Technik gegen Natur

Hebammen würden in Bezug auf den Geburtenanfall freilich schwören, daß es sich anders verhält. Bezeichnenderweise prangt auch beim Eingang des LKH-Kreißsaals der Mondpha-senkalender des heurigen Jahres.
Ebenso glauben viele Bauern, Gärtner/innen und Forstleute eisern an die unterschiedlichen Wirkkräfte des unmittelbaren Nachbarplaneten der Erde. Der Antheriner Biobauer Josef Prähauser will zum Beispiel beim Wildzaun hinter seinem Hof genau beobachtet haben, wie sich an verschiedenen Tagen geschlägertes Holz verhält: wo er auf den richtigen Zeitpunkt geachtet habe, sei der Zaun noch völlig in Ordnung; die Latten aus beliebig geschlagenen Bäumen hingegen habe er nach drei Jahren auswechseln müssen, erzählt er.
Der Sägewerksbesitzer Franz Pabinger im benachbarten Weitwörth hat das angebliche Phänomen Mond und Holz ebenfalls zu ergründen versucht. „Es kann was dahinter sein o-der auch nicht“, ist seine ganze Erkenntnis.
Wo sich Wissenschaftler und Mondanhänger einig sind, ist die Tatsache, dass die techni-sche Zivilisation gewisse Naturabläufe immer mehr außer Kraft setzt. Bestes Beispiel: Bis vor etwa hundert Jahren haben alle Frauen in unserem Kulturkreis regelmäßig am selben Tag ihren Eisprung gehabt. Mit Fortschreiten des technischen Zeitalters und auch mit der zunehmenden Berufstätigkeit der Frauen habe sich der Regelzyklus völlig individuell ver-schoben, klären Gynäkologen auf. Bei Urvölkern auf den Philippinen beispielsweise stimmt der Zyklus nach wie vor überein, „Vom Versuch einer Empfängnisregelung nach Mondstand, einstmals gang und gäbe, kann daher in unseren Breiten nur abraten“, sagt der bekannte Salzburger Frauenarzt Dr. Wolfgang Rucker. „Das könnte tief ins Auge gehen.“
Übrigens rührt die weitverbreitete Verwünschung des Freitags, des 13., von da her. Früher war der Freitag tatsächlich der Tag der Freier. Fiel der kollektive Eisprung just auf diesen Feiertag, verkehrte sich die freudenspendende Einrichtung zum Empfängnisrisiko. Es „ging“ sozusagen nicht mehr. Daher Freitag, der 13.
Heute gelten höchstens noch Kinder und einzelne von Natur aus besonders sensible Er-wachsene -z.B. Radiästheten (Rutengänger) - als für die Impulse des Mondes besonders empfänglich. Unter ihnen kann man auch das Mondwandeln und sonstige Überaktivität bei Vollmond beobachten. Je „verbildeter“ ein Mensch aber werde, desto weniger spüre er Na-turkräfte wie den Mond, heißt es. Dasselbe gelte für Klima, Pflanzen und Tier: Abgase, Ü-berdüngung und sonstiger unnatürlicher Streß, behaupten Experten unisono, würden auch dort althergebrachte Erfahrungen zunehmend verzerren.
Unbestritten ist die Tatsache, daß der 385.000 km entfernte Mond die Gezeiten der Meere - Ebbe und Flut - steuert. Auch unsere Kalendereinteilung richtet sich entscheidend nach dem Rhythmus des Erdtrabanten. So fällt Ostern stets auf den Sonntag nach Frühlingsvollmond usw.
Darüber hinaus steht die Forschung über mögliche Mondkräfte erst ganz am Anfang. Wa-rum etwa jemand mondwandelt, weiß man nicht schlüssig zu erklären. Erstmals überhaupt sind Wissenschaftler in Graz der Naturfühligkeit von Radiästheten auf der Spur. Versuche am Institut für Sensorik der Stiftung Joanneum haben demnach bewiesen, daß es den sogenannten siebten Sinn bei Menschen gibt. Sie reagieren auf (Erd-)Strahlen, die technisch gar nicht mehr meßbar sind. Ihr elektrolytischer Hautwiderstand hat eindeutig er-höhte Spannungen an verschiedenen Plätzen wiedergegeben.
Vielleicht auch ein Schritt zur Erklärung des Mythos Mond.

Der richtige Zeitpunkt

Die wichtigsten Regeln des Mondkalenders im Überblick

Neumond:
Idealer Termin für Fasttage und zum Abgewöhnen schlechter Gewohnheiten (besonders im März). Zunehmender Mond:
Der zunehmende Mond führt zu plant, nimmt auf, baut auf, absorbiert, atmet ein, speichert Energie, sammelt Kraft, lädt ein zur Schonung und Erholung. Daher die richtige Zeit zum Pflanzen, Säen, und Setzen oberirdisch gedeihender Gewächse, ebenso zum Umsetzten und Umtopfen, zum Abstillen oder zum Heiraten. Tannen, drei Tage vor dem elften Voll-mond (November/Dezember) geschlagen, nadeln bis lang nach dem Dreikönig nicht. Vollmond:
Die beste Zeit zum Sammeln und einnehmen von Heilkräutern sowie zum Düngen. Ungüns-tiger Termin für Operationen. Abnehmender Mond:

Er spült aus, schwitzt und atmet aus, trocknet, lädt ein zu Aktivität und Energieverausga-bung. Dementsprechend günstig für Gewichtsabnahme, anstrengende Arbeiten (sie bereiten weniger Streß), weiters für Hausarbeiten aller Art, insbesondere Wäsche waschen (wird rei-ner), Hauspflege, Beseitigung von Warzen, Muttermalen und Blutschwämmen. Auch ist der abnehmende Mond der richtige Zeitpunkt für Operationen, zum Lagern und Abfüllen von Obst und Gemüse, zur Ungezieferbekämpfung, zum Unkrautjäten und nicht zuletzt zum Sä-en und Setzten unterirdisch gedeihender Pflanzen.

Zum Haareschneiden und für Holzarbeiten ist es auch notwendig, den Tierkreiskalender zu beachten. Löwetage und Jungfrautage (monatlich je zwei) gelten als Haarschneidetage: Nach Löwetagen wachsen sie am intensivsten nach, an Jungfrautagen geschnitten, bewahren die hingegen länger Form und Schönheit. Ähnliches gilt auch für die Haarwäsche. An Fische und Krebs gewaschen werden sie leichter schuppig und spröde. Nichtfaulendes, hartes Holz schlägt man am besten am 1., 7. und 25. und 31. Jänner sowie 1. und 2. Feber. Schwundfreies Holz (schrumpft nicht) wird vorzugsweise am Thomastag (21. Dezember) zwischen 11 und 12 Uhr geschlagen.

(Michael J. Mayr)

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